Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

Gewalt gegen Frauen stellt eine weltweite Problematik dar, die mit extremen Menschenrechtsverletzungen einhergeht und sich in vielfältigen Formen ereignet. Vor allem häusliche Gewalt ist dabei ein kultur- und länderübergreifendes Problem; in neun von Zehn Fällen sind die Opfer weiblich. In Deutschland ist etwa jede vierte Frau Opfer von Gewalt im eigenen Zuhause. In Europa, Nordamerika und Australien hat jede zweite Frau mit Behinderung bereits einen Gewaltakt erlebt.

 

Am 25. November 1960 in der Dominikanischen Republik verschleppten Angehörige des Militärs unter dem damaligen Diktator Rafael Trujillo drei Frauen, vergewaltigen sie und ermorden sie nach monatelanger Folter. Seit 1999 ist der 25. November ein offiziell von den vereinten Nationen verabschiedeter Protesttag mit dem Ziel der allgemeinen Stärkung der Frauenrechte. Die einzelnen Formen der Gewalt sollen alle zur Sprache kommen und Programme unterstützt werden, die sich für eine Gleichstellung und die Beseitigung von Gewalt einsetzen. Aktionen weltweit sollen Aufmerksamkeit erregen und die Thematik dadurch auch auf die politische Agenda von Regierungen gesetzt werden.

 

Abwertende Behandlung, Sexismus, berufliche und lohnbezogene Benachteiligungen bei gleicher Arbeit sind vielerorts auch in Europa weiterhin bestehende Missstände. In vielen Teilen der Welt wird der Wert von Mädchen oder Frauen im Vergleich zu Jungen oder Männern geringer geschätzt, was ganz konkrete Benachteiligungen zur Folge hat. In China wird zum Beispiel durch die Ein-Kind-Politik und in Indien durch ein patriarchales Kastensystem die Geburt eines Sohnes bevorzugt. Dies führt in vielen Fällen dazu, dass Mädchen abgetrieben werden oder nach der Geburt getötet werden. Kann nicht jedem Kind aus Armut Schulbildung gewährt werden, haben in der Regel auch hier die Mädchen zurückzustehen und stattdessen schon früh unter widrigen Umständen bei schlechter Bezahlung zu arbeiten. 65% aller Analphabeten weltweit sind weiblich.

 

Junge Mädchen sehen sich zudem insbesondere in Teilen Afrikas, Südostasiens, Südamerikas sowie in Teilen der islamischen Welt zur Zwangsehe und erzwungenen sexuellen Beziehungen genötigt. Ehrenmorde sind eine weitere Form der Gewalt, die Frauen erleiden, wenn sie in bestimmten Teilen der Gesellschaft des Ehebruchs oder vorehelichen Geschlechtsverkehrs beschuldigt werden oder sich entgegen dem Willen der Familie einer Zwangsheirat entziehen. Sogenannte „Mitgiftmorde“ sind insbesondere in Südasien häufiger vorzufinden, wenn Familien nicht für die Mitgift ihrer Töchter aufkommen können. In vielen Regionen der Welt, in denen kriegerische Konflikte herrschen, sind Frauen vielfach die Hauptleidtragenden. Sexualisierte Gewalt ist hier häufig Kriegstaktik und dient der Demütigung des Gegners. So sind im Kongo bereits seit Ausbruch des Konflikts etwa 200.000 Frauen, in Ruanda während des Bürgerkriegs zwischen 250.000 und 500.000 Frauen sexuell misshandelt worden. Während des Krieges in Bosnien in den Neunziger Jahren sind etwa 20.000 – 50.000 Frauen vergewaltigt worden.

Einige Formen von Gewalt haben auch einen besonderen traditionellen Hintergrund, wie z.B. die Beschneidung von Frauen in bestimmten Teilen Afrikas und Asiens. Bei diesen Beschneidungen handelt es sich um schmerzhafte Eingriffe in den Genitalbereich, die körperliche und seelische Schäden verursachen. Etwa 140 Millionen Frauen sind gemäß Zahlen der UNICEF durch eine Beschneidung im Genitalbereich verstümmelt. Jährlich sind ca. 2 Millionen Mädchen von Beschneidungen bedroht.

 

Fehlende Anzeigen von Gewalttaten oder mangelnde Verfolgung als Straftat tragen zudem zu einer zusätzlichen Benachteiligung von Frauen bei, deren Menschenrechte hier schlechter geschützt sind. Wußten Sie, dass in Deutschland die Vergewaltigung in der Ehe erst seit 1997 offiziell strafbar ist und auch dann nur auf Antrag verfolgt wurde? Erst seit 2004 gilt sie als Offizialdelikt, das auch ohne Anzeige von Amts wegen verfolgt werden kann. In vielen Ländern weltweit fehlen gänzlich Gesetze zum Schutz der Frauen.

 

Gewalt gegen Frauen manifestiert sich also in vielfältigen Formen. Auch die Bereiche sind weitreichend: vom Erbrecht, über Bildung, Eigentumsrechten, Lohngerechtigkeit bis hin zur Rechtsfähigkeit, Kreditwürdigkeit und dem Zugang zur Justiz. Sie ist vor allem nicht auf einige besondere Kulturen, religiöse Überzeugungen oder nur einige Gruppen von Frauen bezogen.

Am 25. November, dem internationalen Tag der Gewalt gegen Frauen, geht es darum, auf weltweite Problematiken aufmerksam zu machen und die Frauen dabei zu unterstützen, ihren ganz eigenen, auch kulturspezifischen Weg der Befreiung zu gehen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die saudiarabische „#women to drive“-Bewegung, die sich für das Recht auf Autofahren für Frauen einsetzt. (Lesen Sie hierzu auch unseren Blogartikel: „Intifada arabischer Frauen. Die Zeit steht niemals still: Nach dem ‚Arabischen Frühling’ nun der ‚Arabische Herbst’“.) Das Bild der Bewegung zeigt eine Frau mit traditioneller Kopfbedeckung am Steuer. Es geht im Kern um das Recht auf Selbstbestimmung, selbst zu entscheiden, was man möchte und wie man sein eigenes Leben gestalten will. Auch die Gulabi-Gang aus Nordindien hat gezeigt, wie mutig Frauen Ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen und für Ihre Selbstbestimmung gegen die Gewalt vorgehen, die sie zu alleingelassenen Opfern machen will. Im nördlichen Uttar Pradesh lehnen sich Frauen gemeinsam gegen gewalttätige Männer und korrupte Polizisten auf. Sie gehen gegen Machtverhältnisse und Korruption an, die Täter davonkommen lässt und Frauen grundlegende Menschenrechte verwehrt. Sie bringen Täter ins Visier der Öffentlichkeit und erregen weltweit Aufmerksamkeit, wodurch auch der politische Handlungsdruck auf die Gesellschaft erhöht wird. Die Zahl der Anhänger wächst beständig, sie soll schätzungsweis schon bei mindestens 150.000 liegen.

 

Über alle kulturellen Grenzen hinweg gilt, dass Gewalt gegen Frauen niemals akzeptabel oder tolerierbar ist, wie es auch schon UN Generalsekretärs Ban Ki-moon 2008 bei der Eröfnung einer weltweiten Kampagne gegen Gewalt an Frauen äußerte: “There is one universal truth, applicable to all countries, cultures, and communities: violence against women is never acceptable, never excusable, never tolerable.”

 

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