Archive for September 2013

Internationalisierung durch Unternehmenskäufe beim TÜV NORD – Ein Interview mit Dr. Guido Rettig

Welche Faktoren spielen bei der Akquisition von Unternehmen auf   dem internationalen Parkett eine besondere Rolle?

Bei Akquisitionen folgen Unternehmen den weltweiten Märkten und Warenströmen. Nur ein Beispiel: Wir haben bei TÜV NORD früh bemerkt, dass nicht nur die deutsche Automobilindustrie ihre Waren und Abläufe zertifiziert. Der Bedarf ist weltweit vorhanden – in Europa genauso wie in China oder den USA. Wir müssen dort präsent sein, wo die Kunden sind. Deswegen sind Unternehmen immer globaler aufgestellt. Viel hängt natürlich von den jeweiligen Branchen ab. Die Menschen haben ein großes Bedürfnis nach Sicherheit, aktuell bei Lebensmitteln. Aber auch bei Werkzeugen oder Spielzeug für Kinder verlangen die Kunden nach geprüfter Sicherheit.

Internationalisierung hängt aber auch mit Prozessketten und der Frage der Verfügbarkeit von Rohstoffen zusammen. Es gibt also mannigfaltige Gründe, warum die Zahl der internationalen Fusionen und Firmenkäufe wächst. Letztlich gehört es zum Unternehmertum, Geschäfte auszuweiten, sich zu vergrößern und am Marktgeschehen teilzuhaben.

Die eigentliche Herausforderung beginnt meist erst nach der Unterschrift. Würden Sie dem zustimmen?

Die Erfahrungen sind sehr unterschiedlich. Wir sind auf Unternehmen gestoßen, die weder konsolidierte Bilanzen noch ein plausibles Controlling hatten. Hier muss geprüft werden, ob ein Kauf in Frage kommt. Nach der Unterschrift gibt es natürlich weitere Herausforderungen.

Welchen Aspekten sollte aus Ihrer Erfahrung im Rahmen einer Post Merger Integration besondere Beachtung geschenkt werden?

Für die Phase haben wir einen standardisierten Fahrplan entwickelt. Dieser hat sich mittlerweile über fast zehn Jahre bewährt. Ein Projektteam mit Fachleuten aus den Bereichen Einkauf, Steuern, IT, Marketing, Kommunikation usw. schaut sich den neuen Partner genau an. Die IT-Integration eines zugekauften Unternehmens ist in der Regel besonders aufwändig. Auch kulturelle Faktoren sind uns sehr wichtig.

Und wie lange erstreckt sich so ein Konzept? Wie lange dauert diese Phase oder die  mehreren Phasen?

Innerhalb eines Jahres sollten formale Dinge erledigt sein. Andere Aspekte wie eine gemeinsame Unternehmenskultur können aber auch länger dauern. Ein gutes Indiz ist die Sprache, mit der das „Wir-Gefühl“ im Alltag ausgedrückt wird.

Sie haben kulturelle Aspekte angesprochen. Spielen diese aus Ihrer Sicht eine besonders große Rolle?

Ja, auf jeden Fall. Kulturelle Unterschiede gibt es ja – genau genommen – schon zwischen Hannover und Braunschweig. Wenn man dann wie TÜV NORD in der Türkei, Polen, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, China oder Indien unterwegs ist, muss man schon von einer großen Herausforderung sprechen. Wir machen hier sehr gute Erfahrungen.

Wie gehen Sie vor?

Wir besetzen Stellen direkt vor Ort. Dies gilt auch für Geschäftsführer, Vorstände und Nachwuchsführungskräfte. Wir haben damit sehr positive Erfahrungen gemacht. Mitarbeiter aus Deutschland entsenden wir nur, wenn Probleme auftauchen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Buchhaltung nicht so läuft, wie es unsere Regularien vorschreiben. Ich betone aber: Dies sind Ausnahmen.

Welchen Einfluss hat der Internationalisierungsprozess der TÜV Nord Gruppe auf die Unternehmenskultur?

Von unseren Gesellschaften und Akquisitionen im Ausland profitiert der gesamte Konzern. Das gesamte Geschehen wird dynamischer. Die Gesellschaften in den internationalen Märkten sind sehr viel businessorientierter. Das mag ein wenig im deutschen Wesen liegen, sich oft und gern mit sich selbst zu beschäftigen. Das erleben wir ja mitunter auch in der Politik.

Dass der Konzern immer internationaler wird, hat einen großen Einfluss auf die Unternehmenskultur. Dies macht sich in verschiedensten Bereichen im Unternehmen bemerkbar. Unsere Führungskräfte reisen zu Treffen inzwischen aus der ganzen Welt an. Wir sind gerade dabei, unsere Vision, Mission und Leitlinien zu überarbeiten. Dabei setzen wir vor allem die Diskussion über unsere Unternehmenswerte noch einmal neu auf. Wir schauen, welche kulturellen Aspekte berücksichtigt werden müssen. 2004 war dies noch eine rein deutsche Veranstaltung. Die Zusammensetzung der Konzerngremien wird künftig noch viel internationaler sein.

Haben Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen einen Tipp für Unternehmen, die eine internationale Fusion angehen möchten?

Wichtig ist zunächst eine detaillierte Bestandsaufnahme im eigenen Unternehmen. Aus welchen Gründen streben wir einen Unternehmenskauf/eine Fusion an? Sind wir finanziell dazu in der Lage? Wie sehen die eigenen Unternehmenswerte aus? In einem weiteren Schritt sollte man von einem profilierten Partner eine so genannte „Due Diligence“ erstellen lassen. Diese Prüfungen analysieren Stärken, Schwächen und Risiken des Kaufs. Dabei sollte man sich bewusst sein, dass auch eine Due Diligence nicht alles erfasst. Nach dem Kauf kümmern wir uns um die Abläufe im neuen Unternehmen. Dafür entsenden wir Mitarbeiter aus den Bereichen Finanzen und Qualitätsmanagement.

Gibt es weitere Dinge, die beachtet werden müssen?

Wer zukauft, sollte für das neue Unternehmen eine Strategie für mindestens drei bis fünf Jahre haben. Ein roter Faden ist wichtig für den Erfolg!

Wenn Fusionen scheitern, was ist aus Ihrer Sicht der Hauptgrund?

Hier haben wir leider auch unsere Erfahrungen gemacht,  wenn auch nur in einem sehr kleinen Rahmen. In einer Due Diligence wurde einmal die kriminelle Energie unterschätzt. Der Geschäftsführer hatte während des Kaufs parallel eine weitere Gesellschaft gegründet und dann Aufträge an uns vorbeigeschleust. Bei einer größeren Akquisition ist uns wegen von der Bundesregierung beschlossener Kürzungen im Bildungsbereich der Markt weggebrochen. Das war nicht vorhersehbar.

Bei 18 Unternehmenszukäufen in den letzten Jahren haben wir eine sehr gute Erfolgsquote.

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Das Interview ist in “Plattform. Das Magazin für interkulturelle Wirtschaft” erschienen.

 

Dr. Guido Rettig ist promovierter Diplom-Ingenieur und Vorsitzender des Vorstandes der TÜV NORD Gruppe. Er lebt in Hannover, ist aber auch häufig in den anderen TÜV NORD Hauptstandorten Hamburg und Essen. In seiner Freizeit beschäftigt er sich mit Philosophie und Astronomie.

Das jüdische Neujahrsfest Rosch ha-Schana

Am 5. September 2013 wurde das jüdische Neujahrsfest Rosch ha-Schana gefeiert. Das Rosch Haschana ist der Anfang des jüdischen Jahres: Der Jahrestag der Schöpfung von Adam und Eva, der Geburtstag der Menschheit. Mit dem zweitägigen jüdischen Neujahrsfest beginnt eine zehntägige Zeit der Besinnung. Der Sinn des Neujahrsfestes ist die Erinnerung an den Bund, der zwischen Gott und Israel geschlossen wurde und der für die Israeliten gleichermaßen Forderung und Verpflichtung darstellt. Die Menschen sollen an diesem Tag in sich gehen, sich vom Bösen abwenden und gut handeln. Man soll Rechenschaft über seine Taten ablegen und sich seiner moralischen Pflichten bewusst werden.

 

Ein wichtiger Aspekt des Neujahrsfestes ist das Blasen des Schofars (Widderhorn). Dies ertönt an beiden Tagen des Rosch Haschana außer der erste Feiertag fällt auf einen Schabbat. In diesem Fall wird das Schofar nur am zweiten Feiertag geblasen. Das Blasen des Schofars ist eine Aufforderung zur Reue der eigenen Sünden, denn Rosch Haschana ist auch der Jahrestag der ersten Sünde des Menschen. Um gereinigt in das neue Jahr zu starten, gehen die Menschen zu einem Fluss oder einem See, sprechen das Taschlich-Gebet und werfen so symbolisch all ihre Sünden ins Wasser.

 

Bei der Feier zu Hause wird neben dem Kiddusch und dem Segensspruch über das Brot noch ein Segen für Baumfrüchte ausgesprochen. Als Symbol nimmt man einen Apfel, den man mit Honig bestreicht, bevor er gegessen wird. Man verleiht so dem Wunsch Ausdruck, dass das kommende Jahr gut und süß werden möge. Die Brote, die es beim Neujahrsfest gibt, sind nicht wie sonst länglich und geflochten, sondern rund gewickelt. Die Weißbrote sollen den Jahreskreislauf symbolisieren. Der Kiddusch wird an beiden Tagen vor jeder der vier Mahlzeiten gesprochen. An den Tagen des Rosch Haschana wird nicht gearbeitet, nicht geschrieben und es werden ebenfalls keine elektronischen Geräte benutzt. Kochen und das Tragen von Gegenständen sind erlaubt.

 

Autor: M. Hammerschmidt