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Internationale Personalauswahl unter Bezug auf Employer Branding und internationale Rekrutierung

Viele Unternehmen arbeiten heute mit den Methoden des Employer Branding (EB), um die positive Wahrnehmung ihrer Marke auch auf ihre Eigenschaft als Arbeitgeber zu übertragen. Inwiefern hat Employer Branding in der internationalen Personalauswahl bei VOITH eine Bedeutung?

Ich arbeite seit kurzem für VOITH, um u.a. eine Employer Brand aufzubauen. Ob der Erfolg, den wir uns hier versprechen, sich bestätigen wird, kann man derzeit noch nicht beantworten. Aus meiner Erfahrung ist allerdings Employer Branding extrem wichtig geworden für die Personalrekrutierung, auch international.

Braucht ein international agierendes Unternehmen eine EB weltweit oder eine speziell für jedes Land, in dem es aktiv ist?

Eine weltweit gültige EB wird natürlich durch die Mitarbeiter der jeweiligen Länder generiert. Je Land werden Mitarbeiter aus verschiedenen Berufs- und Altersgruppen darüber befragt, was VOITH für sie ausmacht. Man kann davon ausgehen, dass sich immer unterschiedliche Aspekte ergeben. Die Kunst ist es, einen gemeinsamen Nenner zu finden, der auf jedes Land kulturell herunter gebrochen werden kann und natürlich letztlich unterschiedlich in die verschiedenen Personalmarketingaktivitäten übersetzt wird. Gut durchdachte Anpassungen verändern aber nicht den Grundgedanken oder die Botschaft, die das Unternehmen generell vermittelt.

Gibt es einen Zeitplan, den man sich bei VOITH hierfür gesetzt hat? In wie vielen Ländern wird VOITH dies durchführen?

VOITH ist in über 50 Ländern, hauptsächlich in Asien, Nord- und Südamerika und Europa, vertreten. Wir werden schätzungsweise eineinhalb Jahre benötigen, um dieses Projekt durchzuführen und in die Umsetzung zu gehen. Auch während der Durchführung sind wiederum kulturelle Unterschiede zu berücksichtigen, da man die Mitarbeiter an diesen Prozess erst heranführen und sie dabei begleiten muss.

Welche Rolle spielen Social Media im Employer Branding bei VOITH?

Social Media ist tatsächlich enorm wichtig im Zusammenhang mit Employer Branding und man muss beides zusammenhängend betrachten. Heutzutage wird die Employer Brand in einem hohen Maße durch die Social Media Aktivitäten der Mitarbeiter in der externen Wahrnehmung geprägt.

Eine Employer Brand, die erschaffen und installiert wird, ohne die Mitarbeiter zu befragen bzw. zu beteiligen, kann von Außenstehenden im Internet leicht auf den Prüfstand gestellt werden. Als Unternehmen riskiert man mit einem solchen Vorgehen unter Umständen seine Glaubwürdigkeit im Bewerbermarkt. Das Bild des Unternehmens, wie es von der eigenen Corporate Communication präsentiert wird, steht dem Bild im Social Web direkt gegenüber. Wenn das, was Mitarbeiter über das Unternehmen äußern, nicht mit dem EB übereinstimmt, können Sie von vorne anfangen. Obendrein werden Sie in dem Fall auch nach innen Ihre Glaubwürdigkeit verloren haben.

Wann haben Sie die ersten Erfahrungen gemacht und Wirkung und Nutzen von Social Media erlebt?

In 2007, als ich für die Deutsch Bahn tätig gewesen bin, war ich unter den ersten, die Social Media im Bereich Human Resources zum Thema gemacht haben. 2007 begann es mit einem Versuch auf StudiVZ, 2008 haben wir das erste Unternehmensprofil auf Twitter erstellt, und 2009 kamen Facebook und YouTube dazu. Viele weitere Plattformen im Internet habe ich im Rahmen meiner Tätigkeit bei der Deutschen Bahn ausprobiert, um Nachwuchsgruppen und Berufserfahrene anzusprechen. Dies ging von Personalmarketing bis hin zur Direktansprache.

Inwieweit werden die Abläufe der Personalgewinnung bei Ihnen international standardisiert (z.B. Anforderungsprofilerstellung, Anzeigenschaltung)? Ist dies überhaupt machbar?

Die Personalgewinnung ist in hohem Maße standardisierbar. Zum Beispiel in den IT gestützten Prozessen. So ist die Verwendung einheitlicher Software sinnvoll, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen. Komponente wie Bewerbermanagementsysteme oder Online Bewerbungstools können überwiegend vereinheitlicht werden. Sicherlich wird es immer kleinere Unterschiede geben, die berücksichtigt werden müssen. Teilweise gibt es hier natürlich auch Unterschiede, die von Seiten der Gesetzgeber zu beachten sind. Die Anzeigenschaltung sollte länderspezifisch angepasst werden, ein Standard ist hier, meiner Meinung nach, nicht sinnvoll. Damit meine ich nicht das Aussehen – also das Layout, sondern die Platzierung, die (An-) Sprache und die operative Umsetzung. Auch wenn es sich nach einem Klischee anhört, in vielen Ländern geht man beispielsweise mit Social Media viel offener um als in Deutschland. So etwas muss in der lokalen Umsetzung Berücksichtigung finden.

Sie bestätigen, dass die internationale Personalgewinnung eine unterschiedliche Ansprache erfordert. Welche weiteren Aspekte gibt es international zu berücksichtigen?

Der Prozess wird je nach Land anders ablaufen, allein schon durch unterschiedliche gesetzliche Rahmenbedingungen, wie bereits eben erwähnt. Ein einheitliches Kompetenzmodell halte ich allerdings für wichtig. Wiederum unterschiedlich wird der sogenannte Cultural Fit sich darstellen, der in der heutigen Zeit immer wichtiger wird, insbesondere in den hart umkämpften Märkten.

Haben Sie spezielle Auswahlverfahren für die Besetzung von Arbeitsplätzen im Ausland entwickelt, die sich von denen für inländische Bewerber unterscheiden, z.B. (interkulturelle) Assessment Center?

Da heutzutage in vielen Unternehmen lokal rekrutiert wird, werden Auswahlverfahren meist an die regionalen Bedürfnisse angepasst. Interkulturelle Kompetenz werden Sie dennoch benötigen, solange Sie sich als global agierendes Unternehmen aufstellen und positionieren wollen.

Welche Tipps können Sie anderen Unternehmen mit auf den Weg geben, die ihre Personalauswahl international effektiv gestalten möchten?

Schauen Sie sich an, in welchen Prozessschritten Sie mit dem Bewerber interagieren. Genau diese sollten Sie nicht standardisieren. Meiner Meinung nach können Sie die internationale Personalauswahl umso effektiver gestalten, je mehr die Prozesse, die keine Bewerberinteraktion verlangen, dahinter standardisiert werden. Überall dort, wo der persönliche Kontakt zum Bewerber besteht, ist der Kunde König!

Inwieweit können solche Vorgaben zu interkulturellen Missverständnissen führen?

Solche Corporate Vorgaben müssen Sie selbstverständlich in den Ländern diskutieren. Wie stark ist die Umstellung zum vorherigen Prozess und ist der Corporate Prozess leb bar. Hier können interkulturelle Missverständnisse entstehen, die Sie im Dialog ausräumen müssen. Ja, der Markt der passenden Bewerber wird immer enger. Aber ebenso muss sich HR dem wachsenden Kostendruck stellen und Effizienz beweisen. Diese Effizienz können wir im Unternehmen heben, ohne es dem Bewerber anzulasten.

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Das Interview ist in “Plattform. Das Magazin für interkulturelle Wirtschaft” erschienen.


Robindro Ullah, studierter Wirtschaftsmathematiker und seit 01.Juli 2013 Head of Employer Branding und HR Communication bei der VOITH GmbH.

Im Jahr 2005 startete er als Trainee im Bereich Revenuemanagement bei der DB Fernverkehr AG und integrierte dort drei Jahre später die Nutzung von Social Media in das Personalmarketing. Ende 2009 gründete er den Bereich „ZusatzServices“ für den Konzern. Dieser widmet sich überwiegend der Beschäftigungssicherung älterer Mitarbeiter der DB. Ab Anfang 2012 leitete er den Bereich Personalmarketing und Recruiting Süd der Deutschen Bahn.

Herr Ullah wurde mehrfach für seine innovativen Ideen im Bereich Personalmarketing ausgezeichnet. Das Aufwachsen in der bengalischen sowie der deutschen Kultur und eine bilinguale Erziehung haben maßgeblich zu Robindro Ullahs Interesse an interkulturellen Thematiken beigetragen.

Den Richtigen am passenden Standort – Personal gezielt einsetzen: Internationales Karrieremanagement

„Ich muss ins Ausland, um einen guten Job zu bekommen und mir eine Karriere zu ermöglichen“. So denken viele. Die Internationalisierung zahlreicher Unternehmen suggeriert Ähnliches und lässt vermuten, dass auf dem Arbeitsmarkt der Aufstieg ohne interkulturelle Erfahrungen kaum möglich sei. Immer mehr Jugendliche können daher schon mit 12 die ersten internationalen Erfahrungen vorweisen, zuerst als Austauschschüler, später als Student oder Auszubildender und dann als Arbeitnehmer. Allein die Zahl der Studenten, die einen studienbezogenen Auslandsaufenthalt nachweisen können, ist in den letzten Jahren laut einer Studie des (DAAD) auf rund 25% gestiegen.

Nicht immer sind diese Aufenthalte freiwillig und aus echtem Interesse an der fremden Kultur motiviert. Schon in der Schulzeit wird Jugendlichen häufig das Gefühl vermittelt, ein Auslandsaufenthalt dürfe im heutigen Lebenslauf nicht fehlen, damit der Berufseinstieg auch wirklich gelingt. Viele fühlen sich somit ins Ausland gedrängt und verlassen das Heimatland lediglich aus extrinsischer Motivation (nicht aus eigenem Antrieb erfolgend): sei es durch obligatorische Vorgaben des Studienfaches, weil sie sich davon einen Vorteil versprechen (Belohnung, Anerkennung, beruflicher Erfolg) oder weil sie sich dazu gezwungen fühlen, bzw. eine Bestrafung fürchten (die versprochene Arbeitsstelle wird einem Kollegen gegeben).Internationale Personalentscheidungen

Auch als Beschäftigter eines Unternehmens scheint man von diesem Druck nicht befreit. Der Arbeitgeber verlangt immer mehr Flexibilität und darunter fällt auch die Bereitwilligkeit, als ein sogenannter Expatriat tätig zu sein, also für einen befristeten Zeitraum, der sich auf Monate, meist Jahre erstreckt, im Ausland zu arbeiten und dort auch zu leben. Eine Umfrage der Online-Jobbörse „StepStone“ gibt an, dass 28% der deutschen Spitzenkräfte die Entsendung nur dann als Option ansehen, wenn das Stellenangebot dem Aufwand angemessen ist. Sich aus familiären, partnerschaftlichen und freundschaftlichen Verhältnissen zu lösen, sich in fremden Kulturen und Gesellschaften einzufinden, sowie klimatischen Bedingungen standzuhalten ist ein großer Schritt im Leben eines Expatriats – für manche ein zu großes Opfer. Viele Arbeitnehmer werden daher zur Zustimmung zum Expatriat extrinsisch motiviert: ohne einen Auslandsaufenthalt komme man in der beruflichen Laufbahn nicht weiter und vor Ort werde alles gut organisiert. Besonders attraktiv wird eine Entsendung durch Gehaltserhöhungen und –boni. Interesse an Sprache, Kultur und Menschen tritt dabei vermehrt in den Hintergrund. Nach dem Eurobarometer der EU-Kommission liegt Deutschland im internationalen Vergleich mit nur acht Prozent der Arbeitnehmer, die im Ausland beruflich tätig waren, deutlich unter Skandinavien und Großbritannien, die mit zwanzig Prozent die Spitze anführen. Trotz motivierender Gründe zeigt sich also eine gewisse „Auslandsmüdigkeit deutscher Manager“. Die eben genannten äußeren Faktoren können schließlich nichts an der persönlichen Einstellung der Expatriate ändern. Um den Ertrag des Auslandseinsatzes zu maximieren ist es aber von großer Bedeutung, dass der entsandte Expatriat eine intrinsische Motivation mitbringt (innerer Anreiz, der in der Aktivität selbst liegt) und somit Neugier, Offenheit, Mut und speziell auch die Begeisterung und Leidenschaft für das Arbeiten und Leben im Ausland hat. Darüber hinaus ist die ‘kulturelle Intelligenz’ (Cultural Quotient „CQ“) eine Voraussetzung für ein erfolgreiches Managen eines Auslandaufenthaltes. Diese kann zwar erlernt und stets weiter ausgeprägt werden, die persönliche Zustimmung zum Thema ist dabei allerdings Voraussetzung für den Prozess dieser Kompetenzbildung. Wenn der Expatriat nicht die richtige Motivation mitbringt, scheitert er oftmals trotz interkultureller Ausbildung an seiner Aufgabe und eine misslungene Entsendung kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Ein beschädigtes Image, sowie interne Probleme können enorme finanzielle Verluste bedeuten. Ist der Mitarbeiter aber interessiert an Land und Menschen sowie der Arbeit im Ausland, werden diese Risikofaktoren deutlich vermindert; führt der Expatriat im fremden Land keinen Konflikt mit sich selbst, so ist er im Stande den zu erledigenden Auftrag fachlich und kompetent auszuführen.

Um die intrinsische Motivation für einen Auslandseinsatz bei den Mitarbeitern zu erwecken, sollte über äußere Faktoren hinaus der persönliche Gewinn den potentiellen Bewerbern deutlich gemacht werden. Wenn sie erkennen, dass nicht nur das Unternehmen von der Entsendung profitieren wird, sondern dass solch ein Lebensabschnitt einen enormen Zuwachs an persönlicher Erfahrung und Persönlichkeitsentwicklung ist, verstärkt das die Freude auf eine Entsendung. Alternativ zu oder vorbereitend auf langjährige Aufenthalte gibt es die Arbeit an Projekten im Ausland, die sich maximal auf drei Monate erstrecken und ein Herantasten an das Gebiet der interkulturellen Zusammenarbeit gewährleisten. Der Projektarbeiter kann für sich selbst feststellen, ob er sich auch einer dauerhaften Arbeit im Ausland im Stande sieht. Gleichzeitig ist dabei nicht zu unterschätzen, dass der Entsandte kaum Eingewöhnungszeit hat und sofort seine Aufgaben im neuen Umfeld zu bewältigen hat. Eine hohe Ausprägung des CQ ist daher bereits Voraussetzung.

Bei der Personalbeschaffung für Auslandsentsendungen gilt es also nicht nur, qualitativ geeignete Fachkräfte für die zu tätigende Arbeit zu finden, sondern vor allem auch die Bewerber auf persönliche Interessen, Lebensgestaltung und ihren Charakter zu prüfen. Das Auswahlverfahren stellt daher in diesem Kontext einen sehr komplexen Vorgang dar; solche Inhalte lassen sich schließlich nur bedingt in einem Lebenslauf finden. Eine mögliche Methode, um Einblicke in diese sogenannten Soft Skills der Bewerber zu erlangen, ist das Durchlaufen eines Assessment Centers (AC) im Zuge der Bewerbungsphase. Einzeln und in Gruppen müssen die Bewerber sich unter Beobachtung verschiedenen Aufgaben stellen, in denen sie auch soziales Verhalten, Flexibilität, Geduld, Empathie und ähnliches unter Beweis stellen müssen. Gerade im Interkulturellen AC kann getestet werden, wie offen die Bewerber Fremdem begegnen, woher die persönlichen Handlungsmotive entspringen und wie belastbar sie sind. Auf diese Weise können die Kandidaten mit den erforderlichen Voraussetzungen herausgefiltert werden. Als Entscheidungshilfe für den Personalverantwortlichen ist es ebenso nützlich, infrage kommende Kandidaten effizient auf ihre Eignung zu testen, indem diese sich einer Potentialanalyse unterziehen.

Ein wichtiger Schritt in der Personalplanung ist es, die Fluktuation von Mitarbeitern zu unterbinden und die Entsandten direkt bei ihrer Rückkehr einen ihrem Potential entsprechenden Arbeitsplatz zu bieten und das Expatriat so erneut zu honorieren. Die Mitarbeiter werden so nachhaltig gebunden und gleichzeitig kann das Unternehmen von den gesammelten Erfahrungen der Expirate profitieren. Für jeden Standort, für jede Stelle lässt sich mit den richtigen Tools der richtige Mitarbeiter von außen oder innen finden: Personal, das langfristig motiviert ist und so nachhaltig zum Erfolg des Unternehmens beiträgt und daran teilhat.